Ein „Zücchin“ im Tessin
„Zücchin“ kommt vom italienischen Wort „zucca“ (Kürbis). Zücchin ist ein leicht ironischer Übername für uns Deutschschweizer, weil wir offenbar als etwas „sturere, dickköpfigere“ Landsleute gelten.
Seit 1998, sind 23 Jahre vergangen. Damals träumten Myriam und ich davon, unser Leben an einem wärmeren und sonnigeren Ort verbringen zu wollen... Italien, Spanien, am Meer...Nun wir wussten zu gut, mit träumen alleine ist es nicht getan. Ein Job- Angebot, liess es dann ganz spontan Locarno werden...nicht am Meer, aber am Lago Maggiore...nicht in Siurana oder Finale Ligure aber sehr nahe an Ponte Brolla.
Fragen wir einen Deutschschweizer, wird Klettern im Tessin, 23 Jahre später, immer noch mit Ponte Brolla, Avegno und Arcegno gleichgesetzt...dass dem bei weitem nicht so ist, soll dieser persönliche und entsprechend subjektive, Rückblick aufzeigen.
In besagtem Jahr 1998, beim durchstreifen der Kastanienwälder, auf der Suche nach freiem Felspotential, entdeckte ich, dass mein Kletterleben ein Paradies gefunden hat. Felsen ohne Bohrhaken, Felsen ohne Ende und vor allem eine beinahe unglaubliche, geologische Vielfalt...da ist Ponte Brolla mit den scharfkantigen Leisten und den ausgeprägten Kanten, Someo mit vielen runden und abschüssigen Sloppern und schönen Rissen, Cevio mit den charakteristischen, wabenförmigen Löchern und Prato mit der schwarzen, beinahe senkrechten Wandpartie, die etwas weiter Rechts in eine super steile, gelbe Wandzone mündet. Dies ist erst ein kleiner Teil im Valle Maggia...Gneis der Superlative!
Jedoch nicht nur Gneis oder Granit, mit den Denti della Vecchia (den Zähnen der Alten), im „Luganese“, dem Sotto Ceneri, grüsst ein sehr strukturierter Dolomit- Kalk durchsetzt von unzähligen Löchern, die Klettergemeinschaft... und in jüngerer Zeit, in der Italien Enklave Campione, entdeckte Luca Auguardi einige Tufa (Sinter) Linien...ohhh, liebe Leserinnen und Leser, manchmal braucht es nicht viel, um in Schwärmereien abzutauchen. Wer also Lust und Laune hat, darf mit mir eintauchen, in eine Art Hommage ans Tessin und den Freunden die mich auf meiner 15 jährigen „Zücchin“ Reise begleitet haben..
Das Leben in der Sonnenstube der Schweiz begann also voller Überraschungen...eigentlich wollte ich das Klettern reduzieren. Gefühlt, hatte ich all meine sportlichen Ziele erreicht und gerade als ich in ein Motivationsloch abzutauchen drohte, begannen die Sonnenstrahlen des Südens mein Herz aufzuwärmen.
Auf meinen Streifzügen zu neuen Juwelen, entstanden nicht nur Routen...sondern auch vorsichtige Annäherungen mit den Kletterern aus dem Tessin.
Diese waren nicht untätig, aber eher in „geheimer Mission“ unterwegs. Informationen zu den Klettergebieten wurden unter der Hand weiter gegeben und nicht gesamtheitlich erfasst...dass ich mich in den ersten Monaten im Tessin wie ein richtiger Kürbiskopf verhalten habe, wurde mir erst im Nachhinein bewusst...mein Tun wurde beobachtet und schon bald kommentiert...
Glauco Cugini, der zukünftige Autor zum vollständigen SAC-Tessin Führer, und Athos Balestra waren die ersten die mir Topos zukommen liessen. Glaucos wunderschöne Mehrseillängen Routen im Val Onsernone oberhalb von Berzona, oder die Routen an den verstreuten Felsen im Kastanienwald von Arcegno sind nur einige Beispiele seiner Erschliessungstätigkeit...Glauco war es dann auch, welcher die Infos an Jürg von Känel weiter leitete. Topos die im Frühjahr 1998 im Büchlein „plaisir sud“ erschienen.
Die eigentliche „Bombe“ aber, platzte im Herbst des gleichen Jahres durch
Roberto Capucciati und Pietro Corti :
Bis dahin dem Besucher deutlich weniger bekannt und weg von Ponte Brolla und Co, waren die Felsen der Leventina mit mittelschweren und schwierigen Routen. Dabei stachen vor allem die Erschliesser Fausto Sonzogni, Claudio Notari und Claudio Cameroni hervor. Dazu gesellte sich später der starke Nicolas Vonarburg. Alle samt im Kletterclub Scoiattoli vereint, waren sie die treibende Kraft fürs Schwierige und schwierig war es in Osogna, Cresciano und in Malvaglia...
Irgendwie habe ich nie ganz sicher festgestellt, wer für die „Bombe“ verantwortlich war. Ein „Zücchin“ ist unter anderem ein Deutschschweizer, der nie so richtig italienisch zu sprechen gelernt hat ...wobei dies natürlich ganz Standort abhängig ist. In Bern werde ich für mein Italienisch bestaunt, während meine beiden Töchter mich, beim Versuch meine bescheidenen Kenntnisse anzuwenden, als peinlich abtun.
Im sprachlichen Dschungel blieb mir bis heute unklar wie die beiden Italiener Roberto und Pietro, die Informationen zu einem Kletterführer des bekannten Versante Sud Verlag formen konnten.
Ponte Brolla Ost und „Prima Stazione in Ticino“ 7c war gerade Sinnbild meiner Erschliessungstätigkeit. Eine Route die schräg links der unglaublichen Kannte von Susi Good folgt. Susi die 2malige Weltmeisterin im Sportklettern hat mit Schattenjagd, 8a wohl eine der bekanntesten „Hartklassiker“ erschlossen...aus den maximal 10 Routen die damals existierten wurden im nu siebzig...
und plötzlich war ich nicht mehr allein im Sektor Ost. Während an der Castelliere Sud und am Monte Garzo ein unermüdlicher Häns Müller unzählige, wunderschöne plaisir Routen einrichtete, unter anderen den „Megaklassiker“ Alhambra 17SL 6b, tauchten Fausto, Claudio, und Roberto alsbald im „Ost“ auf und versuchten sich an meinen Routen. Mit Händen und Füssen, einigen Brocken italienisch und deutsch, fand ich heraus, dass sie seit dem Erscheinen des Versante Sud Führers, ein neues Trainingsgebiet suchten. In Cresciano haben sie die ersten „Boltplättli“ entfernt, damit es den italienischen Besuchern möglichst schwer gemacht wird...
Marcus Stein, war zu jener Zeit Sportlehrer an der Rudolf Steiner Schule und ist bis Heute Freund und meine Schlüsselfigur in Sachen klettern im Ticino. Ihn traf ich bereits am zweiten Tag, nachdem wir unsere Wohnung in Locarno bezogen haben...in Arcegno:
„Ciao...mi Chiamo Pesche, non Pesce (Fisch).ähhh tu conosco la Sektor?...Die prompte Antwort kam auf Deutsch: “Ja klar, was möchtest du wissen, übrigens ich bin Marcus ohne k...und ein breites Grinsen strahlte über sein Gesicht...
Marcus ist halb Italiener und halb Deutscher, aufgewachsen in Albenga und hat klettern in Finale Ligure gelernt. Mit seiner Frau Paula ist er im Tessin gelandet, nachdem er Sportlehrer in Basel studiert hatte.
Und so lernte ich vorerst viel über Politik...nun über Politica arrampicare spzialmente sul Ticino...
Und Diese war für mich nicht einfach zu verstehen, bis mir klar wurde:
Jahre vorher war das nicht wirklich anders: Da gibt es eine Basler Szene, eine Berner Oberländer Szene und die Solothurner. Die Innerschweizer und die Stadtberner, zu denen ich zählte, pendelten mal von da nach dort, und wehe wenn noch Zürcher auftauchten...zu meinem Glück waren die „Welschen“ ausserhalb meines sprachlichen Verständnisses, und dies beruhte meist auf Gegenseitigkeit...
Alora, facile: Gruppo die Leventina, alles echte „Bergler“, „Locarnesi“ die mit den Deutschschweizer kämpfenden und die Gruppo Scoiatoli im „Lugasnese“, die harten Kerle, in den Dentis gross geworden.
Wunderbar zu lesen und eine herrliche Erklärung zu allen Zwisten, die ein jeder in unserem Kletterleben begleiten, ist unter der Rubrik „Du willst in den Denti klettern...dann tritt in die Pedale!“, im Kletterführer zu den Denti della Vecchia nachzulesen. Die erste Auflage erschien im Jahre 2004 über die Gruppo Scoiatoli...
Blenden wir kurz zurück, zu einem warmen Frühlingsabend 2001, die Sonne verschwand gerade eben hinter der Felswand. Ich war dabei, über meine neu eingebohrte Route, in Someo abzuseilen, während mein Handy klingelte. Mit vom Bohrstaub weissen Händen, bediente ich die Tastatur, um das Gespräch entgegen zu nehmen: „Sali Pesche ,hiä isch der Jürg, ......würdisch du mir häufä der „Extrem Sud“ mit z gstallte?
Jetzt hatte ich also das kleine Problem, einen riesigen Spagat über die Interessengruppen zu versuchen. Und wie erwähnt, die Politik ist, gelinde gesagt kompliziert. Zudem gab es noch den alten Zwist zwischen den Italienern, vom Versante Sud.
Die Frage war also: Wieso ein Kletterführer schreiben?
Problematisch war es dort wo Klettergebiete auf privatem Grund oder zumindest der Zustieg auf Privatwegen erfolgen musste. Niemand hat es gern wenn eine Kletter- Meute, zu den Felsen vordringt und dabei links und rechts ihren Müll liegen lässt...
Das positive Hauptargument dafür ist, eine Art Wegleitung: Eine solche soll die Klettergemeinschaft auf Probleme hinwiesen und dabei einige Verhaltensregeln aufstellen.
Marco Bassi, selber ein begnadeter Kletterer und Routenerschliesser, hat kurz entschlossen die Übersetzung ins italienische übernommen. So war das Büchlein, beim Erscheinen im Frühjahr 2002 also nicht nur aus „Zücchins“ Hand geschrieben. Die allgemeine Akzeptant entsprechend grösser.
Wer jetzt aber denkt, dass damit die Streitigkeiten ein Ende gefunden haben, der sei hier einmal mehr enttäuscht. Die Kritik kam aber mit Nichten aus dem Tessin,
die Erschsliesser des super schönen und damals brandneuen Gebietes, „Sobrio“ waren gegen eine Veröffentlichung. Und so gerieten sich also eine Gruppe Urschweizer mit dem Berner Oberländer und einem Zücchin in die Haare.
Viel wichtiger, neben all den grossen und kleinen Streitigkeiten; jeder von uns hatte und hat bis heute genügend Zeit dem kreativen Leben des Routen erschliessen nachgehen zu können.
Die Wand über Proto Sornico ist einem riesigen Schild gleich. Auffallend gelber, überhängender Fels von schwarzen Streifen durchzogen, wirkte wie ein Magnet auf mich.
Nach einem sehr anstrengenden Aufstieg durch einen steilen Kastanienwald und über einige Blockhalden, stand ich staunend und überwältigt unter diesem 100m hohen und 400m breiten Felsmassiv...jeder der Routen einrichtet, träumt von einem solchen Augenblick. Bester Fels mit unglaublichen Potential. Ein Potential an Routenmöglichkeiten in allen Schwierigkeitsgraden und eine offene Basis. Der Wandfuss nicht im Wald. Und eine herrliche Aussicht ins Tal...
Thomas Senf, ein bekannter Bergführer und Fotograf, lernte ich über meinen damaligen Sponsor kennen. Er arbeitete gerade als Praktikant bei einem Schweizer Ausrüstungshersteller, dessen Logo ein ausgestorbenes Tier ziert.
So waren wir viele Male im Winter zusammen unterwegs. Ein Engagement welches sich Test & Feel nannte, liess uns in halb Europa die Kletterhallen aufsuchen und war das Wetter schön, dann waren wir draussen am Fels...ihm also erzählte ich von Prato...
In der Folge glühten unsere Bohrmaschinen beinahe. Akku um Akku musste neu geladen werden. Thomas half mir vor allem im steilen Sektor.
Danach war ich für zwei Jahre beschäftigt...baute einen Zustiegsweg, putzte in unzähligen Stunden die Felsen, baute Podeste und freute mich am Kletterleben...
Mit Marcus zusammen versuchten wir die Routen und rangen vielen, nach und nach eine Rotpunktbegehung ab. Etwas über 80 Routen sind dort oben zu finden von 4c bis 8b+/8c und nicht wenige sind 40m lang. Rainer Eder ein anderer Freund und Fotograf, hat das Treiben da oben festgehalten. Seine Bilder erschienen bis hin zum Posterformat...
Genau in dieser Zeit hat sich Glauco Cugini entschlossen, zusammen mit dem SAC Verlag, endlich einen kompletten Kletterführer, über die immer unzähliger werdenden, Klettermöglichkeiten im Tessin zu verfassen.
Er kaufte sich einen Mac mit Zeichnungsprogramm und startete frohen Mutes, mit der „Herkules“ Aufgabe.
All die Infos zusammen zu kriegen war das Eine. Das grössere Problem entpuppte sich als ein Anderes. Denn auch Glauco fand immer wieder neue Wände. Das hiess entsprechend: bohren, zeichnen und die Daten auf das Zeichnungs -Programm importieren.
Weil aber Lorenzo Petazzi, ein grosser Kletterpionier, gerade den Pizzo d Eus mit einer fantastischen Linie „Magic Rampit“ 15SL 7b, beschenkt hat und dabei Fabrizio Fratagnoli auf den Plan rief , welcher seinerseits, seine Spuren hinterliess, hinkte Glauco, in gewisser Weise, mit dem eingeben der Daten hinterher.
Nicht zu vergessen ist Marco Pagani, Nicola Vonarburg, Marco Bassi und der italiener Mauro Rossi, welcher auch nie untätig geblieben war. Und zu guter letzt, Häns Müller, der Ponte Brolla zu einem 5Sterne plaisir Gebiet erhoben hat...und nach Prato war ich mit Russo beschäftigt...
Alsbald hatte Glauco keine Nerven mehr. Er zog den Stecker. Im Frühjahr 2006 erschien im SAC Verlag der ersehnte Kletterführer, Ticino e moesano.
Dabei bin ich stolzer Besitzer dieser Ausgabe mit den persönlichen Worten von Glauco:
Caro Pesche, adsesso basta chiodare Vie! Se non devo fare una nuova Guida solo con le tue. Grazie con Simpatia....
Claudio Cameroni der Entdecker von unzähligen Boulderblöcken in Chironico, Glaro und Cresciano, machte das Tessin, zusammen mit Fred Nicole, dem Schweizer Boulder Pionier, zu einem Hot Spot mit Weltformat.
Spätestens mit dem auftauchen der beiden US Shooting Stars, David Graham und Chris Sharma im Jahr 2005 und dem Kult Film Dosages 3 (2006), wurde das Tessin auch für Seilkletterer weltbekannt.
David Graham eröffnete 2005 mit Coup de Craze, (damals 9a+ bewertet), eine der weltweit schwierigsten Routen.
Und so gelangen wir allmählich zu der neuen Generation...2007 zusammen mit Sergio Pantellini und Thomas Kamareck gründeten Myriam und ich den Kletter Rockshop in Ponte Brolla. Über der Bar Orrido verkauften wir ab dann Kletterausrüstung, vermieteten Bouldermatten, Helme und Sitzgurte. Ein kleiner Zusatzverdienst für uns und meine Familie.
Sergio war in dieser Zeit viel mit seinem Hund unterwegs. So entdeckte er neben den bekannten Boulderblöcken um Avegno ein bis dahin unbekanntes Potential, wenige Gehminuten über dem Campingplaz Piccolo Paradiso...
Eric Gehring und Sergio verfassten ein heute vergriffener Führer über die Blöcke...
Unter dem Namen Picalciot vereinigten sich die neue „Einbohrgeneration“ im Raum Locarno. Darunter ist Egon Bernasconi der mit Brontallo, Goldensciauer, Red Iland und vielen anderen Sektoren, bisweilen an über 400 neue Routen beteiligt ist.
Rolf Koch, mittlerweile über 60 Jahre alt, gehört auch zu diesem Team und ist nach wie vor unermüdlich am putzen neuer Wege. Dario, sein Sohn, mit dem unverkennbaren Krausekopf ist fürs „Schwere“ zuständig... Dieses ausgewogene Team ist verantwortlich für die erst 2018 erschlossenen Geisha Walls nahe Linescio im Valle Maggia. So sind an den nach Südwesten ausgerichteten, 4 Felsen, 68 Routen von 6a+ bis 8b , anzutreffen...
Nun, Klettergärten von Weltformat sind nur das eine und so möchte ich hier und jetzt, das grosse Abenteuerpotenzial nicht Aussen vor lassen!
Neben dem bereits erwähnten Pizzo d Eus, im Val Verzasca, ist es vor allem der Punzione d Alnasca der dieses Prädikat mehr als verdient...diese wuchtige Pyramide wurde 1973 /74 gerade von zwei Seilschaften zum ersten mal durchstiegen. A. Schelbert und W. Wiemann fanden einen Weg im rechten Teil der Wand... zur gleichen Zeit waren die Tessiner mit Lorenzo Petazzi noch weiter rechts eingestiegen und gelangten mit einem weiteren Rechtsschlenker über die Route von Wiemann zum Gipfel. Heute wird vor allem die Combinata geklettert. Eine logische Kombination beider Routen. Diese 580m bestehen aus freier Kletterei bis 6c+ und einigen A2 Stellen.
Glauco ist seit der Teilnahme zur Eröffnung von Le Porte Interiori 1990 bis 1993, ein Kenner dieser fantastischen Wand.
Sein persönliches Highlight aus dem Jahr 2004, ist sicher sein Solounternehmen im linken Wandteil. Dabei fand er eine frei kletterbare Linie die mit 7c+ bewertet wird und auf den Namen Futura hört.
L. Hofer und A. Schnarf sind Freunde weniger Bohrhaken und von technischer Kletterei...Aufenthalte im Yosemite und die Erfahrung die sie von dort mitbrachten, endete mit der Route Via Pesche e Mele 6c und A5. Bei A5 handelt es sich um technische Kletterei, die ausschliesslich den Spezialisten vorenthalten ist!
Auch Mauro Rossi fand rechts von Futura einen Weg. Eine im Verhältnis sehr gut mit Bohrhaken ausgerüstete Route bis zum Schwierigkeitsgrad 7b wartet auf Wiederholer.
Weil die bereits erwähnte Route Le Porte Interiori, ausser Frage die King Linie der Alnasca darstellt und weil diese mittendurch, auf die Pyramide führt, war für Luca Auguardi klar, diese frei klettern zu wollen. Luca verbrachte viele Tage in der Felspastion, bis er die Linie entdeckte bei der es die Struktur zuliess alle Züge in freier Kletterei aneinander reihen zu können. 16 Seillängen bis 8a+ sind das unglaubliche Resultat.
Die Via del Veterano in Freggio, kurz vor dem Gotthard, ist mit 25 Seillängen sicher die längste plaisir Mehrseillängenroute. Die meisten davon sind im Grad 4 und drei im Grad 5c+. Also ein grosses Vergnügen für Geniesser sehr langer Wege.
Auch sehr Langes, treffen wir an der Parete Osogna...ein „Bischu“ ist die 36 SL Route aus der Feder von Fabrizio Fratagnoli und Marco Bassi. Platten und Risskletterei wechseln zu einer abschliessenden Headwall mit überhängender Kletterei...diese Wand wurde zum Spielfeld der jungen, starken Generation die seit 2011 den Ton angibt....
Und nicht zu vergessen, der Profi Kletterer aus Italien, Metteo della Bordella, liebt das Tessin sehr, uns so ist es wenig verwunderlich, dass einige der schwierigsten Mehrseillängenrouten zu seinen Kreationen zählen. Dabei war er des öfteren mit Luca Auguardi unterwegs, welcher sich dem Val Bavona verschrieben hat...
und genau aus diesem Tal, hört der interessierte Verfolger von „Short News am Limit“, immer wieder Schlagzeilen...sei es um die unzähligen Bouldermöglichkeiten, kurze Sportkletterrouten, harte Trad Begehungen (Routen die ausschliesslich mit mobilen Sicherungsgeräten abgesichert werden) oder um wilde Mehrseillängenwände...hieraus wird klar: der Generationenwechsel ist in vollem Gange.. Wegbereiter wie ein Claudio Cameroni, kann stolz verfolgen, wie seine Söhne Giuliano und Diego das Bouldern, weit über die Grenzen des Tessins hinaus prägen. Dabei ist es im Moment Giuliano der als Profi zu den Weltbesten zählt. Nicht minder stolz ist auch Marco Bassi, welcher Routen einbohrt, die dann sein Sohn Lorenzo klettert. Darunter sind einige mit dem Grad 8c bewertet....
Auch aus dem Nachbarland Deutschland kommt eine Vermeldung: Im November 2020 hat Alexandra Schweikart mit Christopher Igel ihre Kreation „Space Force“im Val Bavona vollendet. Wir sprechen von11 Seillängen bis 8a+ über 230 Klettermeter verteilt...
Liebe Leserinnen und Leser, lasst euch dabei aber nicht täuschen, wer sich die Zeit nimmt, den neuen Führer von Glauco genauer zu studieren, erkennt unschwer, dass beispielsweise im Val Galnecia, über dem wunderschönen Wasserfall von Foroglio, viele Platten und Rissrouten, in gemässigten Schwierigkeitsgraden aufwarten. Wenn ein Kletterer, ausgerüstet mit den besten Reibungssohlen seiner Schuhe, zwischen den Bohrhaken in einer 6a zu rutschen beginnt, muss er wissen: Glauco ist ein begnadeter Plattenkletterer...ähnliches ist aus dem Valle di Gorduno zu vermelden. Denn auch dort ist Glauco mit Freunden stetig unterwegs und neue Felsen gibt es auch im 2021 und in Zukunft zu entdecken.
2012, war es dann soweit. Aus familiären Gründen, verabschiedeten wir uns vom Tessin...Es war eine unglaublich intensive Zeit, voller Überraschungen und Wendungen, eine Zeit an die ich mich sehr gerne erinnere, ganz ohne zu werten. Einfach im Bewusstsein all dies erlebt haben zu dürfen...und das wiederum ist ein Geschenk sondergleichen...mit diesem Text, welchen zu verfassen, mir von Yves Brechtbühl völlig überraschend aufgetragen wurde, kann ich mich endlich bei allen Menschen bedanken, die in meiner „Zücchin“ Zeit, ganz wertvolle Begleiter waren!
Alle die mein schlechtes italiensch kaum verstanden haben und trotzdem geduldig blieben...allen die mich kritisierten, denn daraus versuchte ich stets zu lernen und allen die ich in diesem Text nicht erwähnt habe und trotzdem da waren!
Und im Besonderen bedanke ich mich an dieser Stelle bei meiner Exfrau Myriam und meinen beiden Töchtern...
Zurücklassen, durfte ich etwas mehr als 1000 neue Routen, von denen mir zwei unheimlich wichtig sind: Da wäre, „Bella vita per Joy 8b+“ welche meiner älteren Tochter gewidmet ist. Selbige konnte ich im Jahre 2000, eine Woche nach Joys Geburt, klettern. Im Februar 2002 war mir klar, für Kim wird es auch eine Route geben. Dafür musste ich aber noch ein Jahr länger Investieren. „Kim Inspiration 8c“ konnte ich kurz nach Simon Wandeler s Erstdurchsteigung punkten.
Kim, mittlerweile 19 Jahre Jung, begleitete mich im letzten Jahr, zusammen mit ihrem Freund aus dem Tessin nach Kalymnos...Ihr wisst, das andere Eldorado für Kletterer...viele Jahre hat sie keine Felswand berührt...nachdem ich sie gerade aus einer 6b herunter gelassen hatte, meinte Sie: „Papa“ da gibt es doch eine Route die du mir gewidmet hast...ich glaube diese muss ich einmal klettern!“
dabei hat sie mich sehr ernst angeschaut und kurz darauf mussten wir beide herzhaft lachen...
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